Ich finde es immer wieder lustig wie extrem die Meinungen um die richtige Technik beim Groundhandling und dem Rückwärtsstarten auseinander gehen. An vielen Startplätzen, bei jeder Fortbildung und Flugreise entfachen sich heftige Diskussionen zu diesem Thema. Ich bin da mittlerweile relativ entspannt. Aus meiner Sicht gibt es keine richtige oder falsche Start- oder Groundhandlingstechnik solange sie sicher funktioniert, der Pilot sie viel trainiert und weiß, wann er welche Technik anwenden muss. Es herrschen hier aber unter Fachleuten und Hobbyfliegern viele Missverständnisse über die man sich klar sein sollte.
Hier ein paar Tipps und Meinungen dazu:
1.) Man muss erst einmal Unterscheiden zwischen Groundhandling und Starten. Willst Du bei perfektem Wind an einfachem, flachen Gelände ohne Gefahr ausgehebelt zu werden einfach ein bisschen handeln dann sind Groundhandlingstechniken (Steuerung über B/C Gurte, Steuerleinen aus der Hand) absolut gut und sinnvoll. Ein großer Vorteil ist hier die bessere Kontrolle über die C Gurte und die geringere “Hebelgefahr”. Ich nutze diese Technik v.a. an der Düne, bei gleichmäßigem laminaren Wind oder zum “Rumblödeln”. Hier finde ich diese Technik genial und angebracht. Wenn ich allerdings im alpinen Gelände bin, der Startplatz steil und kurz, der Wind böig/thermisch/von der Seite kommt, halte ich diese Technik immer prinzipiell für FALSCH. Natürlich kannst Du es so machen wenn Du es sehr viel trainiert hast und perfekt beherrscht, aber für Hobbypiloten mit einer geringen Anzahl an Flügen und Praxisstunden ist es aus meiner Sicht keine gute Technik. Bei solchen Bedingungen gehören die Steuerleinen in die richtige Hand, den kleine Fehler sind schnell eingebaut und böiger Wind ist nicht immer berechenbar. Sollte es Dich aushebeln und schnell austwisten bist du mit dieser Technik “ready to fly” und hast die Steuerleinen bereits in der richtigen Hand. Hier vertrete ich die DHV Lehrmeinung für Rückwärtsaufziehtechnik. Wendet also die “Mike Küng Groundhandlingstechnik” gerne an, bei den dafür geeigneten Bedingungen im geeigneten Gelände. In allen anderen Fällen empfehle ich die DHV Lehrmeinung mit Bremsen über Kreuz in der richtigen Hand. Lasst euch hier auch nie einreden das es nur diese eine Technik für diesen Wind gibt. Das ist Blödsinn. Ich starte z.B. mit der “Steuerleinen über Kreuz” Technik bei jedem Wind bei der auch die Groundhandlingstechnik (Kontrolle über B/C Gurte) angewendet werden kann. Zudem gibt es ja viele Tricks (Stichwort: Windfensterrand | Kobrastart) um sprichwörtlich den Wind aus den Segeln zu nehmen
2.) Einer der größten Fehler die ich häufig beim Starten beobachte ist, dass sich Pilotinnen und Piloten viel zu spät Ausdrehen. Ich halte es für FALSCH den Schirm am alpinen Startplatz wie beim Groundhandling erst über sich zu stabilisieren und sich dann auszudrehen. Dies widerspricht vielleicht etwas der DHV Lehrmeinung aber ich halte es für sicherer sich früh auszudrehen. Warum? Ganz einfach! Ich habe im Laufe der Jahre viele Piloten ungewollt getwistet starten sehen, mit zum Teil mit fatalem Ausgang. Bei böigem, starken Wind und steilem Startplatz plus schlechter bis durchschnittlicher Gerätebeherschung ist es für Hobbypiloten einfach zu gefährlich zu lange eingedreht zu bleiben. Ich empfehle hier, wenn der Schirm bereits bei etwa 60-70 Grad steht (über dem Pilot = 90 Grad) die Ausdrehbewegung zu starten und während dem Ausdrehen auf die Bremse zu gehen (falls nötig). Schau Dir mal ein paar Videos von Profis an, die machen das intuitiv alle so und das hat seinen Grund.
Egal wie Du Groundhandelst oder Startest, Du kommst nicht daran vorbei einfach ganz viel trainieren zu müssen. Gleitschirmfliegen ist ein Sportart die Praxis und Routine braucht. Die beste Technik ist die, die Du sicher beherrscht.
Chris Geist
Geschäftsführer