Tipps und Tricks

Acro Brakes – Vor- und Nachteile

Wir haben ja bereits einen Artikel über die unterschiedlichen Steuerleinen- bzw. Bremsschlaufenhaltungen geschrieben. Eine weitere Option, die z.B. alle Acro- und Freestylepiloten verwenden ist die Montage von sog. Acro Brakes (Bremsgriffe mit eingebautem Steg). Diese Bremsgriffe erlauben eine gute Kraftübertragung im oberen Steuerbereich und der Kontakt zum Schirm ist, je nach Ausführung, relativ gut und präzise. Ein weiterer Vorteil ist die immer konstant bleibende Steuerweglänge (bei Wicklungen/ halben Schlägen ändert sich der Steuerweg je nach Handschuh und Postion der Wicklung an der Handfläche). Für das richtige Justieren/ Einstellen der Acro Brakes sollte auf jeden Fall ein Fachmann auf den Schirm schauen. Die Bremsen müssen meist geringfügig gekürzt werden um die optimale Position zu erreichen, dürfen aber nicht so stark gekürzt werden, dass der Schirm vorgebremst ist (auch nicht im beschleunigten Flug). Ein Nachteil der Acro Brakes ist das zum Teil erschwerte Groundhandling, den die langen Stege verfangen sich oft in den Leinen. Wir raten Piloten die nach dem Start zum Stemmen neigen (Pilot bremst sich durch viel Zug an der Steuerleine in der Beschleunigungsphase vom Boden “weg”) oder Piloten die noch relativ “grobmotorisch” unterwegs sind, von Acro Brakes ab. Die Acro Brakes verleiten im unteren Steuerwegbereich dazu, noch mehr mit Kraft und Druck zu arbeiten als gewöhnlich. Deswegen sind Acro Brakes z.B. auch ideal für Tandempiloten, den bei schweren Passagieren ist es dem Pilot immer noch gut möglich, trotz des hohen Steuerdruckes, den Schirm beim landen optimal abzubremsen.

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Gewitter und die Gefahren beim Gleitschirmfliegen

Der Mai 2018 gehörte zu den gewitterträchtigsten Monaten überhaupt. Grund war die feucht-labile Warmluft in Kombination mit flacher Druckverteilung und wenig Wind, was Gewitter begünstigt. Der Juni geht gerade erstmal so weiter. Zur Bildung von Gewitterzellen muss eine instabile Schichtung der Luft und genügend Feuchtigkeit vorhanden sein. Auch Höhentiefs können eine Gewitterbildung begünstigen und weitere Faktoren wie Topografie usw. spielen auch eine Rolle.

 

Leider wurden in letzter Zeit die potentiellen Gewitter gar nicht mehr richtig ernst genommen, wahrscheinlich weil sie fast schon zur Tagesordnung gehörten. Fast täglich flogen die Gleitschirmflieger noch umeinander, obwohl es im Nachbartal bereits regnete, blitzte und donnerte. Ein gefährliches Spiel. Gewitterböen (Kaltluftausflüsse) können bis zu 50km vor die eigentlich Zelle reichen und können zu heftigen Klappern und Abstürzen führen. Oft bemerkt man den Kaltluftausfluss erst beim landen (kalte Luft ist schwerer und bewegt sich am Boden entlang) während des weiter oben “plötzlich überall gut und ruhig trägt”. Was passiert wenn man in eine Gewitterwolke hinein gesaugt wird, braucht man seit dem Exkurs von Ewa Wiśnierska wahrscheinlich keinem Flieger mehr erzählen: Apokalyptische Zustände, Piloten die vom Blitz getroffen werden und mit Retter weiter nach oben gesaugt werden… das muss man nicht ausprobieren.

 

Wie erkenne ich Gewitter?

 

Wenn wir von “Gewittern” sprechen, reden wir meist von den sog. Wärmegewittern, also den Gewittern die durch Konvektion v.a. im Sommer entstehen. Daneben gibt es noch die sog. Frontgewitter die v.a. vor herannahenden Kaltfronten ausgelöst werden und ebenfalls extrem gefährlich sind.

Radarbilder/ Niederschlags Animationen: Viele Piloten denken mit den Sateliten/Radarbildern sind sie vorbereitet. Das ist leider falsch. Auf den Radarbildern sieht man die Wärmegewitter nur, wenn sie bereits da sind. Es kann sich gerade eine Zelle über Dir Aufbauen aber auf dem Radarbild siehst Du sie noch nicht. Trotzdem sind diese Hilfsmittel natürlich klasse um zu sehen wo breits Zellen stehen und wenn überall um Dich herum Gewitter stehen ist die Gefahr das in Deinem Fluggebiet auch gleich eine Gewitterzelle entsteht sehr groß. Ich empfehle hier für das Smartphone die MeteoSwiss App für das Allgäu und die Südtirol App für die Alpensüdseite. Um heranrückende Kaltfronten zu beurteilen und zu erkennen sind die Radarbilder sehr gut.

ALPTHERM PROGNOSE FÜR DEN HEUTIGEN TAG – NOCH FLIEGEN GEHEN? GEWITTER BEREITS AM VORMITTAG ANGEKÜNDIGT
NIEDERSCHLAGSRADAR PROGNOSE – GEWITTERZELLE ÜBER OBERSTAUFEN UM CA. 16.30 UHR – MAL SCHAUEN OB DIE ZELLE DAS AUCH WEISS 😉

Wetterberichte: Wenn bereits in den Wetterberichten von hoher Gewittergefahr/ feucht-labiler Schichtung /Flachdrucklage /feuchte Warmluftzufuhr usw. geredet wird, sollten die Alarmglocken läuten und der Pilot lieber einmal zu früh wie zu spät zum landen gehen oder die oft ruhigeren morgendlichen Flüge gewählt werden. Sehr hilfreich sind hier die Alptherm Prognosen der Austrocontrol.

 

Lage vor Ort/ Umgebung wahrnehmen: Die Lage richtig einschätzen ist nur mit viel Erfahrung, Sensibiliät und Ortskenntnis möglich. Zum Beispiel fliegen wir oft am Gardasee noch, wo ich in anderen Gebieten niemals mehr in der Luft wäre, weil ich das Gelände extrem gut kenne und der See sehr viel abhält aber auch da kann man sich nicht immer 100% sicher sein. Wichtig ist, wenn Du Dir nicht ganz sicher bist, lass es lieber und starte nicht. Lass Dich auch nicht davon abbringen wenn andere Piloten starten oder in der Luft sind. Mach Dir Dein eigenes Bild. Würdest Du auch Starten wenn kein anderer Pilot in der Luft ist? Ein Vollpfosten ist immer mit dabei 😉 Oft hört man auch: “Ich will nur noch schnell runter fliegen” 😉 Hoffentlich gehts gut! Ein häufiges Zeichen für mögliche Gewitterbildung sind bereits in der früh aufquellende Cumulus castellanus (Türmchenwolken) und natürlich massiv hohe Wolken wie Cumulus congestus usw. Mammatus Wolken deuten bereits auf Kaltluftausflüsse in der Höhe hin und sollten extrem Ernst genommen werden. Wenn Du bereits in der Luft bist und sehr hohe Wolken um Dich herum siehst, sollte es Dich nicht wundern wenn die Steigwerte unter DEINER Wolke plötzlich auch zunehmen, den die Wahrscheinlichkeit das Du auch unter so einer Wolke hängst, sind groß (von unten sieht man das vertikale Wachstum nicht gut). Oft ein Zeichen für labile/ gestörte Wetterlagen sind in den Bergen auch die aussetzenden Talwinde. Auch bei Gewittern setzen diese häufig aus, weil die Luftmassen überall “abgesaugt” werden. Auch ungewöhnliche Winddrehungen solltest Du ernst nehmen und solche Zeichen bewußt wahr nehmen. In den Bergen sieht man leider oft die Gewitter nicht oder erst nach dem Start weil sie im Nachbartal stehen und durch die Berge nicht rechtzeitig wahr genommen werden. Auch sind sie manchmal verdeckt durch andere Wolken/ bedeckten Himmel und können nicht klar ausgemacht werden.

 

Was kann ich tun wenn ich mich verschätzt habe? Fliege sofort an den Wolkenrand (angelegte Ohren mit Beschleuniger und ggf. Aufpendeln) und versuche dann (wenn Du dies bereits gelernt hast) abzuspiralen und so schnell wie möglich zum landen zu gehen. Die “Flucht” vor Gewittern, z.B. ins Nachbartal gelingt manchmal, aber nicht immer. Viel Spaß beim sicheren Gleitschirmfliegen!

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Wann soll ich auf einen B Klasse Gleitschirm umsteigen?

Immer wieder werden wir von unseren Schülern und Stammkunden gefragt wann den die Zeit ist, in die B Klasse zu wechseln. Ich persönlich finde den richtigen Weg zuerst einmal mit einem, ich nenne es jetzt mal “High End A” Schirm die Ausbildung zu machen und danach mit diesem Schirm die ersten Alleinflüge und Fortbildugen zu unternehmen. Ich habe damals auch die ersten Jahre mit einem 1er Schirm (Ozone Atom u.a.) die ersten Acroversuche unternommen und SAT und Heli damit gelernt. Mir war passive Sicherheit dabei sehr wichtig. Auch bin ich ein klarer Fan von “lieber unterfordern als überfordern”. Der Schirm sollte einem fast schon langweilig vorkommen, dann kommst Du damit auch in starken Turbulenzen klar und wenn Du mal das Wetter falsch eingeschätzt hast 😉

 

Viele Piloten könnten zwar bereits im ersten Flugjahr schon sog. Low B Schirme fliegen aber die A-Schirme sind oft nochmal einen Tick Fehler verzeihender gerade was Strömungsabrisse angeht. Die High End A Schirme sind außerdem weit entfernt von “langweiligen A Gurken” und machen richtig Spaß. Deshalb gibt es meiner Meinung nach keinen Grund die ersten 1-2 Jahre nicht mit einem guten A-Schirm zu fliegen. Bleibst Du bei Deinen 20-30 Flügen im Jahr, wird der A-Schirm Dich wahrscheinlich Dein ganzes Fliegerleben lang begleiten und das ist auch gut so. Es gibt keinen Grund mit wenig Flugerfahrung und wenig Flügen auf einen B Schirm zu wechseln. Auch mit A Schirmen kann mal toll Thermik- und Streckenfliegen wie zahlreiche Rekorde bewiesen haben.

 

Wenn Du allerdings viel und regelmäßig fliegst (der DHV empfiehlt die B Klasse bei 20-30 Flugstunden im Jahr aufwärts, sowie regelmäßige Flugpraxis und fortgeschrittene flugtechnische Kenntnisse), Fortbildungen besucht (Flugreise/Thermik, Sicherheitstraining) und die ersten Flugjahre überstanden hast, ist es manchmal sogar wichtig das man in die nächst höhere Klasse wechselt um voran zu kommen. Oft ist das Handling der B Schirme noch etwas direkter und präziser und sie unterstützen einen aktiven Flugstil zur richtigen Zeit. Diese Schirme geben Dir oft ein besseres Feedback was die Luftmasse um Dich herum macht und so kannst Du besser auf beginnende Störungen reagieren. Vorausgesetzt Du hast bereits das nötige Gefühl dafür entwickelt. In Kauf nehmen musst Du meist die etwas kürzeren Steuerwege und ggf. ein anspruchsvolleres Extremflugverhalten. Gegen den Wind gehen die B Schirme oft besser und im Flachland ist ein gewisses Maß an Leistung natürlich auch immer ein bisschen Sicherheit, wenn z.B. der Landeplatz weit weg ist und das Gleiten gerade gegen den Wind wichtig wird. In den Bergen spielt dies am Anfang oft eine untergeordnete Rolle. Beim Umstieg solltest Du Dich von jemandem beraten lassen der Dich und Deinen Flugstil kennt und über die Geräte gut Bescheid weiß.

Die B Klasse ist die von den Herstellern am meisten umkämpfte Klasse, da hier die meisten Schirme verkauft werden. Hier findest Du die komplette Bandbreite an Schirmen von Geräten die eher ein C Schirm sind bis hin zu Geräten die auch noch ein A hätten bekommen können. Gerade bei den sog. High End B Geräten ist eine gute Beratung enorm wichtig. Diese Schirme haben oft Hochleister Charakter und gehören in erfahrene Hände. Low oder Intermediate B Schirme sind hier deutlich weniger anspruchsvoll was den Extremflug angeht und haben auch schon eine geniale Leistung die für fast alle Hobbypiloten locker ausreicht. Aber auch hier gibt es Unterschiede. Wir beraten Dich gern. Schreib uns einfach eine Mail.

 

Erfahrung: In den letzten Jahren habe ich folgendes beobachtet (völlig wertungsfrei): Piloten die viel in den Alpen in anspruchsvollen Fluggebieten fliegen (Nebelhorn usw.) tendieren dazu sich eher zu unterfordern. Hier gibt es viele Piloten die immer bei ihrem A-Schirm bleiben. Man muss sie förmlich dazu zwingen in die nächst höhere Klasse aufzusteigen. Piloten aus dem Flachland, Hausbergflieger in einfachen Fluggebieten oder Soaringgeländen und Windenflieger neigen oft dazu, sich bei der Schirmwahl etwas zu überfordern. Wie bereits oben erwähnt kommt da häufig aber auch das Fluggelände zum tragen, wo ein gewisses Maß an Leistung eben auch Sicherheit bedeutet, sowie die eigene Risikobereitschaft und das Alter 😉

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Gleitschirm Rucksack – Richtig packen und Anziehen

Gleitschirm Flugschule Allgäu

Ganz oft sieht man Piloten die ihren Gleitschirm Packsack lieblos oder falsch schultern und tragen. Dies führt oft zu Kreuzschmerzen und Verspannungen. Zugegeben die alten Packsäcke sind nicht immer komfortabel und auch nicht so gut wie heutigen aber oft ist es auch Einstellungssache. Mittlerweile nähern sich unsere Packsäcke richtigen Outdoor Rucksäcken an und bieten wirklich einen guten Tragekomfort wenn Du sie richtig einstellst.

 

Wichtig: Bevor Du den Rucksack aufziehst, lockere zuerst alle Gurte. Schließe nach dem Aufziehen dann zuerst den Hüftgurt den die Hüfte soll einen Großteil der Last tragen, nicht die Schultern (diese ermüden viel schneller). Danach ziehst Du die Schultergurte fest und schließt ggf. noch den Brustgurt. Hier ist wichtig das der Schulterträgeransatz halbwegs zwischen euren Schulterblättern liegt sonst passt die Länge des Rückenteils des Rucksacks nicht richtig. Die Lageverstellriemen ziehe ich bei meinen Rucksäcken fast immer ganz zu damit der Packsack näher am Körper anliegt und nicht verrutscht. Dies kann aber varriert werden.


Bei den Packsäcken gibt es z.B. superleichte 80 Liter Leichtrucksäcke (wie z.B. dem Ozone X-Alps usw.) die extrem gut zu tragen sind, aber in die wirklich nur eine sehr minimalistische Ausrüstung hinein passt (z.B. Ozium2 Gurtzeug mit Alpina/Swift/Geo/Echo usw., aber auch hier wirds schon recht eng und der Helm muss oft außen angebracht werden). Etwas größer ist hier schon der BGD Sherpa und der Advance Lightpack mit ca. 90-100 Litern. Hier passt schon ein Leichtschirm plus Standard Sitzgurtzeug hinein wenn man gut packt. Die normalen Standard Rucksäcke haben mittlerweile zwischen 100 und 140+ Liter Packvolumen. Hier passt dann eine normale Ausrüstung mit Helm gut hinein und diese Rucksäcke bieten immer noch einen recht hohen Tragekomfort, sind aber etwas robuster und damit auch schwerer (Ozone Standard Rucksack Light 130Liter|Advance Comfort Bag 130L|BGD Packsack M oder L).


Ideal finde ich, wenn Packsäcke zusätzliche Kompressionsgurte haben um das Packvolumen zu verkleinern. Hilfreich finde ich hier auch gut gepolsterte Schulter- und Hüftgurte und eine gute Rückenbelüftung gerade wenn man hin und wieder auf den Berg läuft. Mein Favorit bei den Standard Rucksäcken ist hier der Advance Comfortbag. Er hat für einen Standard Rucksack die für mich ideale Form und maximalen Tragekomfort. Dies hängt aber natürlich auch immer von der Anatomie des Trägers ab. Bei den Leichtrucksäcken gefällt mir der Advance Lightpack und der BGD Sherpa am Besten.

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Liegegurtzeug und was Du darüber wissen solltest

Es wird viel geredet über Liegegurtzeuge. Sie liegen im Trend und halten auch im Hobbysegment Einzug. Es macht halt einfach Eindruck wenn einer mit einem Liegegurtzeug am Startplatz erscheint. Man geht automatisch davon aus: “Der kann schon gut fliegen sonst hätte er nicht so ein Gurtzeug”. Das stimmt natürlich nicht immer. Du kannst Dir auch einen Ferrari kaufen und hast keinen blassen Schimmer wie man das Ding richtig ausfährt 😉 Die heutigen “Liegegurtzeuge” sind eigentlich gar keine richtigen Liegegurtzeuge mehr, sondern oft mehr Sitzgurtzeuge mit Beinsack (ich nenne sie im nachfolgenden aber der Einfachheit halber “Liegegurtzeuge”). Dennoch machen sie fliegerisch einen enormen Unterschied zum Allround Sitzgurtzeug. Ich habe einige Zeit gebraucht um mich mit dieser Art von Gurtzeug richtig wohl zu fühlen. Der Ein- und Ausstieg aus dem Beinsack gestaltet sich, je nach Modell mehr oder weniger schwierig. Bewährt haben sich mittlerweile Gummizüge die am Schuh befestigt werden und mit denen man sich den Beinsack nach vorne holen kann. Dies erleichtert den Einstieg enorm. Oft sieht man Piloten die nur mit Hängen und Würgen in ihre Beinsäcke kommen, dabei die Bremsen loslassen müssen und häufig ihre Flugbahn vergessen… blöd… und gefährlich.

 

Einen großen Vorteil haben die “Liegegurtzeuge” aber. Wenn man erstmal drinn sitzt fühlen sie sich saugut an und sie sind bequem… zumindest in ruhiger Luft. Man fühlt sich wie ein “Checker” und hat alles im Griff. Das Cockpit schön aufgeräumt mit Vario, Handy usw. und die Füße schön warm. Vorausgesetzt man hat einen dicken Beinsack, den die Lycra Pods (als Pods werden die Beinsäcke bezeichnet) werden auf 4000m schon verdammt dünn, da musst Du immer noch eine dicke Hose drunter anziehen auch im Sommer. Auch das Beschleunigen geht deutlich schöner und effizienter im Beinsack.

 

Leistungsvorsprung: Viel diskutiert und nie wirklich gut belegt. Ich kann aus meiner Zeit bei den Herstellern berichten das wir mal ein Gurtzeug bei Airwave gebaut haben. Das hieß Ram Race. Es sah wirklich lustig aus. War eigentlich ein Sitzgurtzeug mit einem enormen Heckbürzel. Bruce Goldsmith hatte damals viele Versuche im Windkanal gemacht und wie ja mittlerweile aus der Aerodynamik bekannt ist, ist es eigentlich wichtiger wie die Strömung hinter dem Körper anliegt und nicht allein wie die Stirnfläche aussieht. Je länger die Luftströmung am Körper anliegen kann, desto kleiner ist der Druckwiderstand der den Formwiderstand mit ausmacht. Der Beinsack vorne reduziert die Stirnfläche im Vergleich zum Sitzgurtzeug, macht aber sehr wahrscheinlich leistungsmäßig nicht extrem viel aus. Ich denke das das Heckbürzel viel wichtiger ist, wie man auch bei den neuesten Wettkampfgurtzeugen sehen kann (Ozone Exoceat, Woody Valley X-Rated7 und auch GTO Light usw.. Bruce stellte damals beim aktuellen Hochleister MagicFR einen Leistungszuwachs von 0,5 GZ fest beim Ram Race im Vergleich zu einem normalen Sitzgurtzeug ohne Bürzel). Liegegurtzeuge verwinden sich oft in der Thermik was die Angriffsfläche vergrößert. Dies kann ebenfalls zu Leistungsverlusten führen. Wenn sich außerdem der Widerstand von Gurtzeug und Pilot verringert im Geradeausflug, vergrößert sich automatisch der Anstellwinkel des Schirmes, was ausgeglichen werden muss. Deswegen halte ich es für wirklich schwierig zu sagen, ob Liegegurtzeuge im unbeschleunigten Flug einen markanten Leistungsvorsprung zum Sitzgurtzeug haben, v.a. in dem Geschwindigkeitsbereich wo wir uns bewegen (32-36km/h). Im beschleunigten Flug der ja immer mehr in Mode kommt, gerade bei den Hochleistern fällt der Leistungsvorsprung wahrscheinlich etwas mehr ins Gewicht. Außerdem sind viele Liegegurtzeuge vom Piloten falsch eingestellt und der ganze Leistungsvorsprung ist allein deswegen schon dahin.

 

Sicherheit: Eines ist ganz sicher. Liegegurtzeuge sind deutlich anspruchsvoller im Extremflugverhalten. Wer es nicht glaubt, soll es selbst bei einem Sicherheitstraining ausprobieren. Der größere Hebel sorgt für mehr Action und Twists (Eindrehen in den Leinen). Deswegen ziehen gute Piloten die Beine an, bevor der Klapper großflächig kommt. Nur so kannst Du größere Twists vermeiden. Ich habe selber schon einige gute Piloten in der freien Wildbahn gesehen, die einen großen Klapper kassiert haben, sofort getwistet wurden und den Retter werfen mussten. Dies wäre mit einem Sitzgurtzeug in aufrechter Haltung nicht so schnell passiert oder wenn sie die Beine schneller angezogen hätten. In vielen Fällen bleiben die Piloten in der gestreckten Position bis zum Aufschlag oder bis der Retter aufgeht.

 

Fazit: Liegegurtzeuge sind im Trend. Sie schauen schick aus, machen warme Füße, haben ein aufgeräumtes Cockpit, vermitteln subjektiv mehr Sicherheit und haben vielleicht auch noch einen kleinen Leistungsvorsprung wenn sie richtig eingestellt sind. Nachteile ergeben sich beim Extremflug, Ein- und Ausstieg in den Pod und dem oft erhöhten Packvolumen. Ich persönlich fliege mittlerweile beides, sowohl Sitzgurtzeuge, als auch Liegegurtzeuge sehr gern, habe mich aber auch erst umstellen müssen. Trotzdem bin ich nach wie vor der Meinung das ein Sitzgurtzeug sicherer ist und auch mit diesem kannst Du große Streckenflüge machen (früher sind fast alle Piloten weite Strecken mit Sitzgurten geflogen). Wenn Du das erste Mal ein Liegegurtzeug fliegst, lass es Dir von einem Fachmann richtig einstellen und zeigen und übe den Ein- und Ausstieg aus dem Pod. Such Dir ein Liegegurtzeug das nicht zu tief (Anm. niedrige Aufhängehöhe) aufgehängt ist. Diese sind am Anfang deutlich schwieriger zu fliegen wie Gurtzeuge die hoch aufgehängt und damit stabiler sind.

Viel Spaß beim Fliegen

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Vorwärtsstart oder Rückwärtsstart?

Es gibt beim Gleitschirmfliegen im Prinzip zwei Aufziehtechniken:
a) den Vorwärtsstart wo der Pilot in Start/Flugrichtung schaut und sein Schirm hinter ihm liegt und
b) den Rückwärtsstart oder Rückwärtsaufziehstart wo der Pilot anfangs zum Gleitschirm schaut und sich dann erst in Flugrichtung ausdreht für den Start.

 

Der klassische Verlauf in der Fliegerkarriere eines Hobbypiloten ist: Der Pilot lernt in seiner Flugschule anfangs recht solide Vorwärtsstarten. Nach dem A-Schein geht er dann in die einfachen Mainstream Fluggebiete in seiner Nähe und merkt schnell das außer ihm fast keiner Vorwärts startet (weil es fast keiner mehr kann 😉 ) und fühlt sich ziemlich uncool. Dann lernt er irgendwann bei einer Flugreise oder Fortbildung rückwärts aufziehen und startet von da an eigentlich nur noch rückwärts und stolpert selbst bei Nullwind rückwärts den Hang hinunter, obwohl ein Vorwärtsstart hier deutlich sicherer wäre. Nur wenige Piloten schaffen den Absprung und nehmen die Starttechnik die dem Wind und Gelände angemessen sind. Das sollte das Ziel sein: Beide Starttechniken sicher zu beherrschen.

 

Aussagen wie: “Hier kannst Du nur Rückwärts starten” oder “Hier geht nur vorwärts” sind nicht richtig. Prinzipiell kannst Du bei fast allen Bedingungen immer vorwärts oder rückwärts starten. Die Frage ist nur ob es sinnvoll ist. Ich kenne alte Piloten die starten sogar bei fast 30km/h Wind vorwärts. Auch das geht, man muss nur verdammt schnell rückwärts laufen können 😉


Welche Starttechnik die richtige ist, hängt stark vom Gefälle und Größe des Startplatzes, Windstärke, Windrichtung und Böigkeit und weiteren Faktoren ab und natürlich vom Könnensstand des Piloten. Ein großer “Fehler” den viele Piloten meiner Meinung nach machen ist: Das vorher erlernte Groundhandling mit dem Start am Berg zu verwechseln. Klar kannst Du beim Groundhandling im flachen Gelände mal die Bremsen loslassen. Am Berg im steilen Gelände zum Starten gehören die Bremsen aber in die Hände. Den Schirm bei perfekt laminarem Wind im flachen Gelände eine halbe Stunde im Zenit stehen lassen und sich dann gemütlich ausdrehen? Klar geht das! Am Berg bei starken thermischen Ablösungen und steilem Startplatz fliegst Du so aber garantiert Rückwärts getwistet raus. Ich empfehle mittlerweile im steilen Startplatz, bei anspruchsvollen thermischen und böigen Bedingungen lieber schon bei 70 Grad auszudrehen und während des Ausdrehens auf die Bremse zu gehen. Das ist ziemlich “Oldschool” aber hat sich bewährt. Es hat sich gezeigt das die Piloten, gerade mit wenig Flugerfahrung und Groundhandling so deutlich weniger vertwistet “gestartet” werden. Verdreht in den Luftraum zu fliegen mit überkreuzten Bremsen ist für den ungeübten Piloten fatal und endet schnell im Unfall. Ganz wichtig bei starkem Wind ist das Entgegen gehen zum Schirm. SEI NICHT DER ANKER!

 

Zusammenfassung:

 

1.) Wähle je nach Bedingungen und Deinem Könnensstand die für Dich richtige Starttechnik

 

2.) Bei Nullwind macht ein Vorwärtsstart mehr Sinn. Profis können mit verdrehtem Oberkörper auch vorwärts laufen und dabei Rückwärts aufziehen aber dennoch ist während der Phase des Ausdrehens immer ein kurzer kritischer Moment wo der Schirm hängen bleibt, “schwammig wird” bzw. nicht genug Führung bekommt.

 

3.) Bei stärkerem Wind macht ein Rückwärts(aufzieh) Start mehr Sinn. Man kann dem Schirm besser entgegen laufen und sieht Knoten und ein Ausbrechen der Kappe bereits im Ansatz. Mein Tipp: Dreh Dich lieber früher aus, den Gleitschirm über sich zu stabilisieren wie beim Grounhandling im Flachen ist gerade im steilen Startgelände und thermischen Ablösungen extrem schwierig für den ungeübten Piloten und führt schnell zum “twisted take off”.

 

4.) Egal ob Du Dich beim Rückwärtsstart früh oder spät ausdrehst, mach es ohne zögern und zackig schnell.

 

5.) Trainiere am Besten beide Starttechniken im Laufe Deiner Fliegerkarriere und lass Dich von Fluglehrern oder Deinem Fliegerbuddy filmen und analysiere Deinen Start (eine professionelle Videoanalyse ist natürlich besser wie wenn der einäugige Fliegerkumpel dem blinden Piloten etwas erklärt, aber besser als den Start gar nicht analysiert 😉 ) War es ein wirklich guter Start oder bist Du nur irgendwie in die Luft gekommen? Videoanalyse ist DAS Instrument um Deine Flugtechnik zu verbessern. Ich verstehe nicht das es immer noch Flugschulen gibt die dieses Instrument nicht einsetzen.

 

6.) Bei schwierigen Bedingungen nimm die Starttechnik die Du 100% sicher beherrscht.

 

P.S. Jeder darf mal einen schlechten Start machen, nur weh tun sollte er nicht 😉 Ganz wichtig ist dabei auch immer laut FRREEESTYYYLER zu rufen dann denken die Zuschauer vielleicht das der Pilot so starten wollte und doch ein cooler Hund ist 😉

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Gleitschirmstart im Winter

Gleitschirmstart Winter

Im Winter sieht man sehr viele frustrierte Piloten die völlig entnervt und gestresst im Schnee liegen und einfach nicht in die Luft kommen. Natürlich ist ein Start im tiefen Schnee kräftezehrender als im Sommer. Ganz häufig gibt es aber auch freundliches Bahnpersonal das tolle Winterstartplätze präpariert oder Fluggebiete wo am Pistenrand gestartet werden darf. Das “Problem” im Winter ist oft das es die meiste Zeit Nullwind oder sogar leichten Wind von hinten hat, da die kalte Luft über den Schneeflächen abfließt. Wer hier auf Wind von vorne wartet, steht meist bis zum Frühling. Oft sind Winterstarts aber auch deutlich ungefährlicher wie im Sommer, da der Pilot im schlimmsten Fall meist nur die Piste hinunter rutscht und der Startversuch nicht gleich im Geröllfeld endet. Ob ein Start vertretbar ist oder nicht, muss jeder Pilot natürlich selbst entscheiden. Hier ein paar Tipps für einen gelungenen Winterstart bei leichtem Nullwind von hinten 😉 die so nicht in den Lehrbüchern stehen aber funktionieren, wie auch schon viele gute Piloten und Fluglehrer festgestellt haben 😉 WICHTIG: Diese Tipps gelten wirklich nur für Winterstarts. Im Sommer sind Nullwindstarts je nach Gelände oft deutlich gefährlicher und zu vermeiden.


1.) Wähle Deinen Startplatz gut aus. Ich persönlich bevorzuge im Winter die steilen Startplätze (Anm.: im Sommer natürlich die flachen Startplätze). Der Schirm ist schneller oben und man muss nicht lange durch den tiefen Schnee stapfen. Trampele Dir möglichst vorher eine Startbahn oder schaue das auf Deinem Startweg möglichst gewalzt ist und Du nicht in der Beschleunigungsphase doch noch einsackst.


2.) Sortiere Deine Leinen vor dem Start ganz genau (Bremsspinne!) und gib Deinem Schirm eine möglichst perfekte Bogenform beim Auslegen.


3.) Bevor Du Anläufst, kontrolliere nochmal ob Du in der Schirmmitte stehst und ziehe die Tragegurte (eingehängt) nochmal nach oben damit die Karabiner beim Loslaufen auf gleicher Höhe sind und gleichmäßiger Zug ausgeübt wird.


4.) Nullwind = Vorwärtsstart! Profis können natürlich auch Rückwärts aufziehen und dabei den Oberkörper geschickt verdrehen so das sie fast vorwärts laufen, aber alles wird deutlich stressiger und beim Ausdrehen entlasten die Schirme sogar bei den Profis leicht und neigen dazu doch nochmal abzufallen.


5.) Gehe vor dem Anlaufen nochmal einen kleinen Schritt zur Schirmhinterkante zurück und laufe mit einem Impuls los. Viele Piloten machen die ersten Schritte zu langsam. Gerade bei Nullwind ist es in der Aufzugsphase wichtig das sich der Schirm gleichmäßig füllt, damit er nicht gleich ausbricht. Ich laufe die ersten Meter sehr schnell an, damit sich der Schirm gleichmäßig füllt und nehme dann das Tempo heraus.


6.) Auch bei Nullwind und sogar bei leichtem Rückenzug kann eine Phasentrennung oft eingebaut werden. Gehe nur die ersten Schritte mit Tempo, danach nimmst Du das Tempo wieder heraus und gibst Deinem Schirm die Zeit die er braucht um über Deine Kopf zu kommen. Viele Piloten RENNEN den ganzen Start über und ziehen ihren Schirm im Sackflug hinter sich her. Der Schirm KANN bei so einem hohen Lauftempo nicht über den Piloten kommen!


7.) Im Winter bei Nullwind von hinten darf man ein bisschen mehr “pushen” und “heben” an den A Gurten damit der Schirm besser steigt (aber auch hier kommt immer der Hauptzug aus der Hüfte/Karabiner). Wenn Du zuviel “drückst” geht die Eintrittskante zu und der Schirm füllt sich nicht mehr, aber ohne ein bisschen aktive Unterstützung wird der Schirm lange brauchen um über den Piloten zu kommen oder sogar hängen bleiben. Handflächen weitestgehend offen und nach oben zeigend ist nicht nur beim Nullwind Start Pflicht. Blockiere nicht Deine Gelenke, hilf dem Schirm beim Steigen und HEBE ihn aktiv nach oben (die Geometrie der Gurte darf dabei nicht extrem geändert werden)


TIPP: Beat Bischof hat angeregt das die meisten Schweizer Piloten in der “W-Stellung” bei solchen Bedingungen starten, heißt A-Gurte auf Schulterhöhe, Arme angewinkelt (Geierstart, Schweizer Start). Auch ich habe beobachtet das sich einige Pilotinnen/Piloten mit dieser Technik leichter tun bei Nullwind. Viele Tandempiloten starten ebenfalls mit dieser Technik im Winter und sogar Chrigel Maurer propagiert diese Technik. Ob es ein Pauschalrezept ist weiß ich nicht, aber auf jeden Fall mal ausprobieren und wenn es funktioniert, warum nicht?!?


8.) Führe die A-Gurte deutlich länger als im Sommer. Ich lasse den Schirm im Winter sogar oft leicht überschießen, bremse ihn dann erst an und laufe ihm mit einem schnellen Sprint etwas hinterher. Viele Piloten lösen die A-Gurte zu früh (bei 60-70 Grad) wie im Sommer und gehen zuviel auf die Bremse. Das sorgt dafür das der Schirm die ganze Zeit im Sackflug hängt und nicht gescheit fliegt. Wenn der Pilot jetzt auch noch VOLLGAS gibt, hat der Schirm keine Chance mehr hoch zu kommen und zu tragen. Führe länger, bremse weniger und laufe schneller! Wichtig: Das sind nur pauschale Tipps die oft gelten, aber nicht immer. Wenn Dein Schirm vorne Einklappt, hast Du zu wenig gebremst 😉


9.) Kontrollblick? Eher nicht! Wichtig: Auch diese Aussage gilt nur für Nullwindstarts im Winter, nicht pauschal. Ich bin ein Fan vom Kontrollblick bei den richtigen Bedingungen wenn er Sinn macht. Bei Nullwind allerdings nutzt der Schirm oft die kurze Kontrollphase des Piloten nochmal zum Abhängen oder entlasten und durch das erhöhte Lauftempo des Piloten im Winter und den Schnee birgt er ein sehr hohes Risiko hin zu fallen. Ich lasse den Kontrollblick im Winter oft weg und behalte den “Grundzug” bei, sortiere meine Leinen dafür einmal mehr vor dem Start.


10.) Winterflüge sind der Hammer – und wenn der erste Start mal nicht funktioniert, nimms gelassen und mit einem lächeln. Du kannst mit etwas Pilotenkönnen geniale Waaga Sessions im Schnee haben und super schöne Lines in den Pulverschnee ziehen. Der Winter ist auch ideal für ein Start- und Landetraining und um neue Fluggebiete ohne die üblichen Talwinde und Leefallen auszutesten. Nicht selten haben wir in den Hochlagen das ganze Jahr über Thermik- und Soaringbedingungen und können den ganzen Tag lang fliegen. Also raus auf den Berg und auf keinen Fall den Gleitschirm im Keller einmotten.


Tipp: Probleme mit dem Start? Besuche ein TakeOff Seminar oder eine Flugreise. Hier bekommst Du bei jeder Tour bei uns eine gratis Videoanalyse und wir zeigen Dir Möglichkeiten auf, Deine Starttechnik zu verbessern. Tipp: Bei den Ski&Fly Touren gehen wir intesiv auf die Starttechnik im Winter ein. Nach dem A-Schein leidet die Starttechnik oft extrem, da Dir hier keiner mehr Tipps am Funk gibt. Auch kleine Fehler können in der Summe dann irgendwann zum Unfall führen, also bessere kleine Startfehler lieber gleich aus. Nur weil Du in die Luft gekommen bist, heißt es auch das es ein toller Start war 😉 

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Gedanken zum Gleitschirm Start – von Christian Schiller

Hallo alle zusammen. Oft stehen wir am Startplatz und machen uns Gedanken. Die Hände sind feucht, manchmal ist auch kalter Schweiß auf der Stirn. Unser Hirn fährt Achterbahn. Warum? Wir wollen mit dem Gleitschirm fliegen gehen, unserem Hobby, es genießen über Landschaften zu gleiten, in den Aufwindgebieten höher zu steigen, von einem Berg zum nächsten fliegen, von einer Wolke zur anderen. Was lässt uns jetzt so umherzappeln? Genau, vor dem Fliegen kommt der Start! In nur 60 Starts hat uns unsere Flugschule versucht zu vermitteln was wir tun sollen. Der Fluglehrer hat am Funk zu uns gesagt mach mal dies und mach mal das, und irgendwie sind wir in die Luft gekommen. Jetzt sind wir seit Jahren mit unseren Freunden/Vereinskameraden unterwegs und kommen in die Luft. Mal besser mal schlechter (schaukel, pendel, schleif, stürz). Warum? Ich freue mich aufs Starten! Wenn ich an einen Startplatz komme, egal wo auf der Welt, sauge ich die Umgebung ein, mache mir ein Bild von der herrschenden Situation. Ist sie konform mit dem Wetterbericht? Nach einer Zeit der Beobachtung entschließe ich mich zum Starten, richte meine Ausrüstung her, bereite mich vor und freue mich aufs Fliegen.


Jeder Start erfährt das selbe Prozedere. Der Gleitschirm muss flugfähig gebracht werden durch Aufziehen, das eigentliche Aufbauen des Luftfahrzeuges. Egal ob vorwärts mit Blickrichtung in Startrichtung oder rückwärts, ich lasse mir Zeit, um zu sehen und zu fühlen wo der Gleitschirm ist. Sobald der Gleitschirm den Boden verlässt führe ich in ruhigen angepassten Bewegungen den Gleitschirm in die Höhe, unterlaufe ihn wenn notwendig. Egal ob mit Blickrichtung zur Startachse oder nicht wird der Schirm mit so viel Bremse wie notwendig stabilisiert und aufgezogen.


Erst wenn der Gleitschirm über mir ist, es keiner weiteren Korrektur mehr bedarf, kann ich mich nach dem rückwärts Aufziehen umdrehen in Startrichtung. Der Blick geht jetzt nur noch nach Vorne. Da will ich hin. Bin ich auf Startachse? Was machen Wind und Gleitschirm ? Ruhig mache ich auch nach dem vorwärts Aufziehen Schritte in Startrichtung um zu checken ob ich da bin wohin ich will, zu fühlen ob Gerät und Pilot eine Einheit sind. Ich genieße das Gehen unterm Gleitschirm, vermittelt es mir doch das Gefühl Herr der Lage zu sein. Erst dann blicke ich, Gleitschirm stabil über mir, Weg gerade nach vorne, beim Vorwärtsstart zum Gleitschirm für die optische Kontrolle. Ich habe Zeit. Nur wer Zeit hat und langsam ist wird auch etwas sehen. Kontrolliert.


Ich treffe ganz bewusst die Entscheidung jetzt abheben zu wollen. Mit größer werdenden Schritten pilotiere ich mein Lufsportgerät, Hände wandern langsam von unten nach oben auf ca. Brusthöhe gerade in die Luft. Alle meine Bewegungen sind stimmig, immer der jeweiligen Luftsituation angepasst. Laufbereit gleite ich vom Gelände weg, bis ich mit ausreichend Höhe gemütlich ruhig in den Sitz rutsche. Abgehoben.

Ich genieße Starten, weil ich alle Phasen des Starts ganz bewusst durchlebe. Ganz bewusst gleiche ich alle Unruhe aus bevor ich mich umdrehe. Ganz bewusst unterlaufe ich und bremse. Ganz bewusst spaziere ich unterm Gleitschirm und schaue weit, nehme wahr was um mich geschieht. Ganz bewusst fühle ich mein Fluggerät. Bis ich mich zum Abheben, dem eigentlichen Start, entscheide. Und wenn das lange dauert , um so besser, freue ich mich länger aufs Fliegen. Das ist kein Geschwätz von einem Fengshui abhängigen. Seit 27 Jahren gehe ich fliegen und habe viel gesehen und mit erlebt. Versucht es mal, und ihr werdet sehen, wie geil es ist unterm Gleitschirm spazieren zu gehen. Die totale Kontrolle. Nur wer sein Luftfahrzeug kontrollieren kann sollte fliegen gehen. Und stellt euch mal die Frage warum ihr das nicht wollt. Wer so kontrolliert startet wird nie einen Unfall haben. Das sollte doch Ziel genug sein.
Christian Schiller
DHV Sicherheitstrainer

Gedanken zum Gleitschirm Start – von Christian Schiller Weiterlesen »

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